
Nach langer Blog-Abstinenz melde ich mich nun, gegen Ende des Jahres, wieder zurück und bringe einige Gedanken mit, die ich in den kommenden Tagen hier veröffentlichen werde. Durch Aktivitäten auf anderen sozialen Netzen ist mein Blog etwas eingeschlafen, was mich immer etwas gestört hatte. Dennoch zog es mich ein wenig in andere Gefilde – zum Beispiel nach Twitter oder später Mastodon – und ich war interessiert, wie es dort zugeht, wie das System funktioniert und wie ich mit dem schwinge, was dort konfrontativ auf mich wartet.
Twitter? Mastodon?
Für Twitter und Mastodon gelten als Kurznachrichtendienste natürlich andere Regeln bzw. technische Grenzen wie für einen Blog, gerade wenn man einen solchen mit allen Freiheiten selbst betreiben kann. Man ist in seinen Möglichkeiten eingeschränkter und vor allen Dingen auf eine recht überschaubare Anzahl von Zeichen limitiert. Twitter selbst begann mit 140, was im Laufe der Zeit verdoppelt wurde; Mastodon akzeptiert aktuell 500 Zeichen pro Nachricht. Die üblichen Vernetzungsmöglichkeiten und Gruppenbildung eines sozialen Netzwerkes ergeben sich ja schon aus dem Selbstzweck heraus, allerdings ist mit wachsender Größe und prominenten Nutzern recht schnell klar geworden: toll, mit Twitter kann man Geld verdienen und Wahlen sowie Stimmungen in der Bevölkerung beeinflussen.
Sinn und Zweck
Basis für „erfolgreiches“ agieren auf beiden System ist grundsätzlich Reichweite: also die Menge an Menschen, die einem folgen, idealerweise aus unterschiedlichen bubbles (Blasen, in denen sich „Gleichgesinnte“ zusammentun) der Mensch ist eben ein Rudeltier. Wer keinen Wert auf Applaus, Zustimmung und Reichweite für das Teilen der eigenen Inhalte legt, kann natürlich trotzdem dort seine Gedanken oder andere Inhalte platzieren – man bleibt dann zumeist eher in kleinen Gruppen. In meinem Fall hat sich dies als Vorteil herausgestellt, weil es mir nie auf die Anzahl meiner Follower ankam sondern darauf, Wahrnehmungen anderer Menschen zu erleben und mit neuen Themen in Berührung zu kommen. Den eigenen Horizont zu erweitern und demzufolge aus einstudierten Gedankenkreiseln herauszukommen ist meiner Ansicht nach immer eine lohnenswerte Einstellung.
In sozialen Netzen kommt man -wie überraschend- in Kontakt mit Menschen – allerdings aus einer Distanz heraus, das merkt man auch oft. Persönliche Gespräche im Echtleben sind mit Kontakten auf sozialen Medien nur schwerlich zu vergleichen, fehlen einem dort technisch bedingt Mimik & Gestik, die zur Kommunikation natürlich dazugehören. Durch das Fehlen dieser Schlüsselelemente hat sich für mich die Notwendigkeit ergeben, deutlich selbstreflexiver vorzugehen: Wie meint die Person das jetzt? Interpretiere ich da zu viel hinein? Habe ich die Ebene verstanden, die vom Autor oder der Autorin beabsichtigt war? Warum reagiere ich innerlich auf diesen Inhalt auf die gerade erlebte Weise?
Ich mag an dieser Stelle keinen weiten Bogen zur Kommunikation schlagen – das Internet ist voll von Menschen, die sich hierzu schon viele Gedanken gemacht und diesen Komplex ausführlich untersucht haben. Menschen sind generell auf unterschiedlichen Ebenen, auf unterschiedlichen Straßen & Wegen unterwegs und sprechen teilweise andere Sprachen – auch im Übertragenen Sinne. Kommunikation kann nie eine Einbahnstraße sein, sondern lebt vom gegenseitigen Austausch, vom Versuch, mein Gegenüber zu verstehen und die Inhalte, die man Überbringen möchte, zu erklären/ zu übersetzen. Es gab einige Menschen, die ich kennenlernte, die der Meinung waren, Kommunikation wäre nur, was der Sender aufnimmt. Das ist eine einseitige, es sich selbst leichtmachende Haltung, um sich nicht die Arbeit des auf-den-anderen-Einlassen machen zu müssen. Praktischerweise gibt man die Verantwortung damit ab: Sage es mir so, wie ich es verstehen will, ansonsten bist Du schuld, wenn ich dadurch beleidigt oder empört bin. Twitter ist voll von solchen Menschen, was Diskurse natürlich erschwert.
Meine Herausforderung auf Twitter im Speziellen war letztlich, wie ich mit dem erwähnten Problem in der Kommunikation und dem verhältnismäßig kurzen Nachrichtentext umgehen sollte. Auf der einen Seite habe ich öfter nachgefragt und Verständnis sowie Verstehen zu erreichen versucht, auf der anderen Seite war mit Twitter eine gute Übung, auch etwas komplexere Sachverhalte auf eine Kürze herunterzubrechen. Präzise zu schreiben, Füllwörter wegzulassen und nah am Sinn der Aussage zu bleiben, möglichst unmissverständlich, kann eine ziemliche Aufgabe sein. Natürlich bleiben manche Themen auf Twitter nicht diskutierbar bzw. muss man auf längere (externe) Text zurückgreifen und diese dann verlinken – was für viele dann wieder nicht schnell genug ist.
Ich habe viele Tweets zu Depressionen, Suizidalität & Eisenbahn sowie zu anderen, gesellschaftskritischen Themen verfasst, die ich in den kommenden Wochen auf meinem Blog als Schnellgedanken oder als längere Beiträge bereitstellen werde. Ob Du lieber Leser hierauf eingehen magst, ist Dir überlassen: ich begrüße Feedback und antworte auch sehr gerne – ich erwarte es aber nicht.
Die Zukunft
Mit manchem auf Twitter war ich ganz zufrieden, anderes hat mich limitiert und frustriert. Was mich gegen Ende schlicht abstieß war die geballte Ladung an Hass & Hetze, die dort mehr und mehr systemisch wurde. Hier muss klar gesagt werden, dass die meisten User sich ebenso darüber aufregten und deshalb sogar flüchteten, aber für Menschen, die Hass & Hetze im Kopf fest einbetoniert haben, sind solche Netze eben prädestiniert.
Durch Elon Musks Übernahme von Twitter zeigte sich dort schnell, welches „Verständnis“ er im Umgang mit free speech an den Tag legte: Desinformation, Propaganda, hatespeech und Populismus. Viele deshalb geblockte Accounts wurden reaktiviert und Kritiker dieses Verhaltens (und von Musk selbst) sind dieser Haltung des dagegen Aufstehens zum Opfer gefallen und wurden wegen ihrer unerwünschten Meinung schlicht geblockt. Entweder man sagt, was Musk hören will und was sich gut verkaufen lässt oder man kann sich verp… naja.
Das alleine hatte mich weniger persönlich betroffen als vielmehr die Überhand nehmende Diskreditierung von Menschen, weil deren Haltung nicht ertragen werden will. Gerade im zwischenmenschlichen mit Anthroposophen taten sich Abgründe auf: die bis zu massiver Manipulation und Cybermobbing verliefen. Mich hat das nicht persönlich getroffen, da mein inneres Setting dagegen gut aufgestellt ist, aber es ist ja in sozialen Netzen davon auszugehen, dass andere Menschen mitlesen, vielleicht auch solche, die empfänglich sind für narzistisch geprägte Aussagen.
Außerdem mag ich gerne den Diskurs auf Mastodon fortsetzen, was man als Twitter-Klon ansehen kann, allerdings mit der besonderen Eigenschaft, dass es dezentral betrieben wird – heisst: es gibt mehrere Server/Instanzen, auf denen man sich anmelden kann, geniesst aber dennoch die Möglichkeit, mit Nutzern des fediverse (Netzwerk) zu interagieren. Wo dort die Reise insgesamt hingeht, wird man sehen; ich verlasse Twitter eben wegen der Toxizität von Menschen und den fallenden Tabus hinsichtlich hatespeech, Rassismus und Cybermobbing. Ich werde meine Beiträge zukünftig mehr auf Twitter als reichweitenstarkes Medium veröffentlichen, aber blog-first.
Vielleicht lesen und schreiben wir uns ja im fediverse?!
Ihr findet mich hier: https://troet.cafe/@nachgedanken
Falls ihr eine Anlaufstelle sucht, die Euch in die Welt von Mastodon einführt, könnt ihr hier anfangen: https://kaffeeringe.de/2022/10/28/wie-suche-ich-mir-einen-server-aus/
Beste Grüße
Stephan