In meinem Kopf kreisen unentwegt Gedanken.

Artwork von selcharan (https://www.instagram.com/selcharan/?hl=de)
Artwork von selcharan

Ich mache mir Sorgen um das, was kommt. Ich mache mir Sorgen darum, dass ich Deadlines nicht einhalten kann. Mache mir Sorgen, dass ich versage. Ich vermisse so viele Menschen. Der Druck und der Stress, den meine Mutter auf mich projiziert, die Art und Weise, wie sie mit mir umgeht. Wie sie nicht mit mir umgehen kann. Ich vergleiche. Warum ist sie so anders als ihre Schwester? Wenn ich mit beiden rede, während sie in der Küche sitzen, warum reagiert meine Mutter so anders? Warum ist das so, warum kann sie nicht mehr so sein wie meine Tante? Warum reagiert sie auf alles immer so gestresst, gereizt, genervt, mich abstoßen wollend? Warum macht sie sich über mich lustig, wenn ich doch ihre Hilfe so sehr brauche? Oder brauche ich die? Will ich die? Ich lehne sie doch per se ab, weil ich mir darüber bewusst bin, wer sie ist. Sie kann sich nicht mehr ändern, der Zug ist abgefahren. Bin ich eine Witzfigur für sie? Nimmt sie mich nicht ernst? Kann sie denn jemanden oder etwas, eine Situation, ernst nehmen oder fehlen ihr dazu nötige Wesenszüge?

Ich möchte jetzt gehen. Wohin? Ich weiß es nicht. Ich will raus. Ich will in die Natur. Warte, mein Fuß macht das nicht mit. Es tut weh. Wo finde ich Natur? Wo finde ich etwas, das nicht einem bloßen Landstreifen gleicht? Wo finde ich den Ort, an dem ein Berg nicht bloß ein zwei Meter groß ist, der Wald nicht in 10 Minuten quer durchlaufen werden kann? Wo ist das? Hiraeth – Heimweh nach einem inexistenten oder einem selbst unbekannten Ort. Ich muss schreien. Ich will jetzt schreien. Laut. Extrem. Lange. Schmerzvoll. Ich kann nicht. Jeder wird es hören. Ich muss irgendwo hin, wo man mich nicht hören kann. Wo ist das? Wie komme ich dahin? Ich muss raus …

Ich möchte meinen Vater sehen.

Er versteht mich. Oder nicht? Ich kann ihn nicht belasten. Er ist selbst belastet. Ihm geht es nicht anders als mir. Er hat keinen Rat für mich. Mit wem kann ich denn vernünftig reden, ohne dass man mich dabei versucht zu lehren? Ich möchte nicht belehrt werden. Möchte nicht jung und dumm wirken. Will keine Unerfahrenheit zeigen. Ich möchte mal mit jemandem reden, der mir nicht aufzeigt, was ich denke und wie ich denke und was jetzt zu tun ist, um mit meinem Leiden umzugehen.

Ich will Komfort.

Ich will Verständnis.

Eine Umarmung.

Gleichzeitig keine Ahnungslosigkeit, keine Planlosigkeit, niemanden der keinen Rat weiß und nur hilflos Worte stammelt. Kann meinen Erwartungen jemand gerecht werden? Warte. Das soll niemand. Meine Erwartungen sind nicht realisierbar, sie sind unberechtigt, sie haben keine Daseinsberechtigung. Ich muss diese Erwartungen loswerden. Moment, ist das nicht auch eine Erwartung – an mich selbst?
Ich will schreien. Bitte, lass mich schreien. Ich muss schreien!
Wo denn? Wo hört mich denn keiner?
Ich laufe einfach weg. Gleich morgen. Morgen wird alles anders.

Stopp – wie kindisch.
Hör auf wie ein pubertierendes, dummes, trotziges Mädchen zu handeln. Hör auf mit diesem ewigen Selbstmitleid. Sei erwachsen. Sei nicht so. Hör auf so zu denken. Hör auf zu denken.

Lass mich schlafen.

Ich möchte jetzt schlafen. Nein, wenn ich die Augen schließe, muss ich denken. Ich muss jetzt etwas anderes machen. Ich zeichne. Nein, halt, das kann ich nicht. Es wird eh nicht perfekt. Andere können das besser als ich. Warum kann ich das nicht? Mache ich nicht genug? Fehlen mir wichtige Grundlagen? Ich werde versagen. Die nehmen mich nie auf der Akademie an. Nicht mit dem, was ich bis jetzt kann. Muss ich dann die Grundlagen lernen? Ich will das nicht. Ich schaffe das nicht. So werde ich aber niemals besser. Warum malt meine Hand etwas anderes, als ich im Kopf habe? Das sieht schlimm aus! Ich habe keine Lust mehr. Das macht mir keinen Spaß. Ich sollte aufhören damit, für immer. Aber ich kann doch nichts anderes. Das war doch immer mein Traum. Habe ich überhaupt noch Träume, die realisierbar sind?

Ich möchte jetzt schreien. Bitte, lass mich jetzt einfach schreien.

Ich muss schreien!
Ich kann nicht. Das wäre zu laut.

Ich gehe schlafen.
Ich liege im Bett. Die Gedanken kreisen wieder. Morgen durchlebe ich exakt das gleiche wie heute. Es ist ein Kreislauf. Ein Teufelskreis? Ich will dieses Leben nicht. Ich kann diesem Leben aber nicht entkommen. Nicht jetzt.

Ich muss mein Leben auf die Reihe kriegen. Ich muss mein Leben auf die Reihe kriegen. Ich muss mein Leben auf die Reihe kriegen. Ich muss mein Leben auf die Reihe kriegen.

Ich hasse diesen Satz! Hör auf zu denken. Ich möchte schlafen. Meine Augen brennen.
Bitte, mach, dass es aufhört. Es tut weh…
Ich mag nicht mehr.

Unerkannte Künstlerin